17.05.22 Brennpunkt Johanniskirche: Heftige Kritik am Vorgehen von OB Conradt
Mehr Personal für aufsuchende Sozialarbeit statt Abwälzung von Verantwortlichkeiten
Die Linksfraktion im Stadtrat von Saarbrücken lehnt die Verdrängung von Menschen im öffentlichen Raum vor der Johanniskirche in den Bereich Fichtestraße strikt ab, unterbreitet einen Alternativvorschlag, fordert mehr Personal für aufsuchende Sozialarbeit und kritisiert den Umgang von Oberbürgermeister Conradt mit den Fraktionen im Stadtrat sowie mit Anwohnern der Fichtestraße.
Nach der gestern stattgefundenen Informationsveranstaltung für Anwohner der Fichtestraße, wo ein neuer Aufenthaltsort für Menschen ohne festen Wohnsitz entstehen soll, sagt Stadtratsmitglied der LINKEN, Jasmin Pies:
„DIE LINKE im Stadtrat lehnt die Verwaltungspläne zur Entschärfung der Situation vor der Johanniskirche strikt ab! Demnach sollen drogenabhängige, wohnungs- und obdachlose Menschen vor der Johanniskirche in ein Quartier „verschoben“ werden, in welchem die Anwohner bereits jetzt ihre Belastungsgrenze erreicht haben. Die Einwohnerinnen und Einwohner in diesem Quartier haben viel Verständnis und Geduld bewiesen, sehen auch den Bedarf an Hilfsangeboten für Suchtkranke“, so Pies, „aber eine weitere Verschärfung der Probleme ist den Anwohnern dort nicht mehr zumutbar.“
Es spricht Bände, wenn OB Conradt darauf hofft, dass die Träger des Drogenhilfezentrums dann „mit ein Auge drauf haben sollen“ und er selber nicht weiß, dass das Hilfezentrum bereits jetzt schon völlig überlastet ist und wegen Personalmangel die Öffnungszeiten kürzen musste. „Das ist Abwälzung städtischer Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf andere und geht gar nicht!“, so Pies.
Vor einem Umzug braucht man auch Umzugshelfer – Mehr Personal für Brennpunkte!
DIE LINKE plädiert stattdessen für eine Aufwertung des schon bestehenden und bewährten „Haltepunktes“ (Tagesaufenthaltsmöglichkeit) auf städtischem Eigentum Ecke Johannesstraße/Richard-Wagner-Straße. „Doch bevor man Umzugspläne hegt, sollte sich OB Conradt zuerst um die Umzugshelfer kümmern: Daher fordert die Linksfraktion seit langem eine ausreichende Anzahl von aufsuchenden Sozialarbeitern, um in Brennpunkt-Bereichen der Landeshauptstadt vor Ort tätig sein zu können.“ Dies sei die einzige Lösung, denn „Kameras oder Verdrängung der sozialen Probleme in andere städtische Gebiete sind schlicht untauglich und ein sozialpolitischer Offenbarungseid des OB Conradt“, betont Pies.
Verärgert habe auch die kurzfristige Einladung für solch wichtigen Vor-Ort-Termin. „Die Anwohner erfuhren erst am Freitag von der Info-Veranstaltung am Montag, die Fraktionen einen Tag zuvor, am Donnerstag. Dieser Umgang mit der Öffentlichkeit ist schlicht unhöflich“, sagt die Stadträtin abschließend.
Pavillon Johannisstraße
Pressemitteilung vom 06.01.2023
Laut Auffassung der Fraktion DIE LINKE im Saarbrücker Stadtrat kommt die Situation im Pavillon, die derzeit von den Anwohnern medienwirksam angeprangert wird, alles andere als überraschend. „Es ist rätselhaft, was man von dieser Einrichtung erwarten sollte, wenn die Menschen dort acht Jahre einpfercht und sich selbst überlassen werden. Es fehlt an praktisch allem, von vernünftigen Sozialangeboten bis hin zu fließendem Wasser,“ so die baupolitische Sprecherin Jasmin Pies.
Während der Lockdownphasen war der Pavillon häufig genug nicht einmal zugänglich. Und es fehlt nicht nur dort an Ansprechpartnern; mit nur vier Sozialarbeitern für mehr als 180.000 Einwohner liegt Saarbrücken deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt.
„Man löst soziale Probleme ganz sicher nicht, indem man eine Sichtschutzmauer darum zieht“, meint Fraktionsvorsitzender Michael Bleines. „Man muss sich klarmachen, dass dort Menschen hingehen, denen jegliches sonstige soziale Umfeld weggebrochen ist. Und mit dem Kahlschlag an der Johanneskirche hat der Oberbürgermeister ihnen gezeigt, was er von ihnen hält. Wenn wir diese Menschen nicht endgültig verlieren wollen, wird mehr nötig sein als die üblichen Sonntagspredigten.“